Ein unbequemes doch sehr wichtiges Thema: Sucht. Laut etablierter Wissenschaft und anerkanntem Forschungsstand ist Abhängigkeit eine Krankheit. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Alkohol- oder Drogensucht handelt. Wer einmal süchtig von einer Substanz wurde, der wird laut Wissenschaft niemals wieder verantwortungsbewusst konsumieren können.
Selbst der kleine Schluck Alkohol, der geringste Zug an einem Joint führt dazu, dass der Abhängige wieder im täglichen Drogen Sumpf landet. Deshalb sei Sucht eine Krankheit, bei der ein Schalter im Gehirn unwiederbringlich umgelegt wurde. Daher führt jeglicher Minimalkonsum gleichweder Substanz unmittelbar in den chronischen Konsum. Je früher mit dem Konsum begonnen wurde, desto wahrscheinlicher das Umlegen dieses Schalters. Der einzige Ausweg: totale Abstinenz, lebenslang!
Abhängigkeit (umgangssprachlich Sucht) bezeichnet in der Medizin das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. Es beeinträchtigt die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und zerstört die sozialen Bindungen und die sozialen Chancen eines Individuums. In den Fachgebieten Psychologie und Psychiatrie werden verschiedene Formen von Abhängigkeit beschrieben:
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Abhängigkeitssyndrom durch psychotrope Substanzen (substanzgebundene Abhängigkeit, stoffliche Abhängigkeit, s. a. Toleranzentwicklung),
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Schädlicher Gebrauch von körperlich nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen,
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Substanzungebundene Abhängigkeit (nichtstoffliche Abhängigkeit), sowie
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Co-Abhängigkeit, wenn Tun oder Unterlassen von Bezugspersonen die substanzgebundene Abhängigkeit einer Person stärkt.
Dass Sucht eine unheilbare, lebenslange Krankheit sei, wird auch in vielen Selbsthilfegruppen wie den Anonymen Alkoholikern oder Narcotics Anonymous großgeschrieben: Das Individuum wäre machtlos gegen die Sucht und bedarf deshalb äußerer Hilfe. Diese Einschätzung von Sucht als Krankheit und damit verbundener Machtlosigkeit widerspricht nun ein anerkannter Neurowissenschaftler und Psychologe. Der ehemals selbst süchtigende (!) Professor Marc David Lewis hält dagegen und sagt: Sucht sei vielmehr ein anerlerntes Verhaltensmuster. Seine Hauptthese in einem neuen (englischsprachigen) Artikel des Guardian lautet:
Wenn man (Drogen-)Abhängigkeit als Krankheit (und nicht als erlerntes Denkmuster) betrachtet, senkt man die Heilungschancen [via Fefe]
Darin schreibt er:
Several studies have shown that a belief in the disease concept of addiction increases the probability of relapse. And that shouldn’t be surprising. If you think you have a chronic disease, how hard are you going to work to get better?
If we can acknowledge that addiction is like a disease in some ways and very much unlike a disease in other ways, maybe we can stop trying to label it and pay more attention to the best means for overcoming it.
Mit anderen Worten: Studien haben festgestellt, dass der Glaube, einer Krankheit zu erliegen, die Genesungschancen verringert. Denn wer glaubt, einer unheilbar chronischen Krankheit zu erliegen, arbeitet an seiner Genesung nicht dergestalt, wie es jemand tut, der diese Perspektive nicht vermittelt bekam. Laut Prof. Lewis sollte man Sucht stellenweise als Krankheit sehen, vielmehr jedoch als erlerntes Denkmuster. Daher sollten wir mit der Etikettierung SUCHT aufhören und stattdessen mehr Augenmerk auf deren Überwindung legen.
Wer des Englischen nicht so mächtig ist, findet in einem deutschsprachigen Artikel Weiteres dazu. In einem Interview mit dem Schweizer Tagesanzeiger sagt Prof. Lewis auf die Frage, was denn nun Sucht sei:
Frage: Kommen wir zu Ihrer Definition. Sie sagen, Sucht sei einfach eine schlechte Angewohnheit, die irgendwie ausser Kontrolle gerate.
Antwort: Vereinfacht gesagt, ja. Aber das allein erklärt wenig, denn man verliert ja immer wieder mal die Kontrolle über seine Impulse, fährt etwa angetrunken Auto oder geht Risiken beim Sex ein. Kontrolle ist kein monolithischer Zustand, sondern ein Prozess, der dauernd hergestellt werden muss. Wir verwenden Tricks, um die Kontrolle zu behalten. Wie schafft man es, früher zu Bett zu gehen? Wie schafft man es, nach zwei Drinks nicht mehr weiterzutrinken? Wir bauen eine kleine Welt von Sinn um uns herum, um die richtigen Entscheidungen zu treffen und uns zu kontrollieren. Aber wenn man immer wieder die Kontrolle über etwas Bestimmtes verliert, Motivation und Begehren nur noch eine Richtung haben und alle anderen Ziele an Bedeutung verlieren, wenn man durch die neurologischen Veränderungen sozusagen die Fähigkeit verliert, andere Ziele zu verfolgen – wenn das alles eintrifft, dann sind wir abhängig.
Dass es auch andere, sagen wir einmal "ungewöhnliche" Methoden gibt, um eine Sucht oder Abhängigkeit zu überwinden, zeigt die aktuelle Forschung, die mittels dem Magic Mushrooms Wirkstoff Psilocybin versucht, Süchtige z.B. von ihrer Nikotinsucht zu heilen – und bisher mit Erfolg! Drogen mit Drogen austreiben? Mitnichten! Denn das Psilocybin der Zauberpilze ist ein spirituelles, fast schon schamanisches, Mittel und unterscheidet sich massiv von Hedonismus-Drogen wie Kokain, Amphetamin (der Pepp Droge Speed), Crystal Meths, MDMA (den Teile Drogen Extasy Pillen) oder auch Alkohol. Denn von Psilocybin kann man nicht süchtig werden, da ein täglich dauerhafter Konsum unmöglich ist. Dennoch bedarf es hierzu viele weitere Forschung, vor allem wie ehemals Drogensüchtige auf diesen Rausch reagieren – laut aktueller Forschung verfallen sie ja dann wieder zwangsläufig in ihr altes Konsummuster.
Überdies soll die Ibogain genannte Substanz durch ihre unfassbare Wirkweise Süchtige durch einen "Trip" und den Erkenntnissen dadurch von ihrer Sucht heilen. Wer deshalb nun Ibogain kaufen möchte, der informiere sich ausgiebig vor der Selbstmedikation. Laut neuen Studien würde auch das Magic Mushrooms Bestellen und Zauberpilze kaufen helfen bzw. natürlich deren Konsum. Drogen kaufen und konsumieren sollte also nur von gefestigten Personnen vorgenommen werden.
Zum Schluss noch ein (engl.) Video mit Prof. Lewis für alle Interessierten Anglizisten unter euch: