Alle Jahre wieder ist auch in diesem Herbst wieder einmal Hoch-Zeit für das Sammeln und Pflücken von Psilocybe semilanceata (Spitzkegeliger Kahlkopf).
Leider beschränkt sich dieses Interesse aber nicht nur auf verantwortungsvolle Psychonauten auf der Suche nach spiritueller Wahrheit und Selbsterkenntnis.
Nein, auch die klassischen Medien haben das Thema des "heimischen Zauberpilzes" für sich entdeckt und machen gleich ein riesiges Fass auf. Bei der Recherche tauchte zudem unverhofft eine Polizei-Meldung auf, wonach bei einem Konsumenten ein Spitzkegeliger Kahlkopf gefunden wurde.
Aber der Reihe nach.
- Die Anti Psilocybe semilanceata Hetzer von "20min"
- Kaum bessere Berichterstattung zum Spitzkegeligen Kahlkopf beim SWR
- Polizei beschlagnahmt einen (!) Zauberpilz vom Typ Psilocybe semilanceata
Die Anti Psilocybe semilanceata Hetzer von "20min"
Die "Journalisten" der Schweizer Nachrichtenseite "20min.ch" stellen diese Form von Magic Mushrooms in gewohnter Weise hetzerisch als reinen Giftpilz dar, vor dem es die Welt zu warnen und beschützen gilt. Es wird kein Vergleich zur legalen, tödlichen Droge Alkohol unternommen. Kein Wort über das quasi nicht vorhandene Abhängigkeitspotential psychedelischer Zauberpilze. Stattdessen schreibt man dort angesichts der aktuellen Pilz-Saison Folgendes:
Der Psilocybe semilanceata, so der Fachausdruck, ist nicht nur den Blumenkindern ein Begriff, auch Pilzkontrolleuren ist er bestens bekannt – und ein Dorn im Auge, wie Jean-Claude Michel sagt: «Wenn jemand mit den Pilzen zu mir kommt, halte ich sie zurück und vernichte sie.» Er arbeitet seit 30 Jahren als Pilzkontrolleur und war Präsident der Vereinigung Amtlicher Pilzkontrolleure der Schweiz. Schliesslich seien das Giftpilze. Michel findet, dass Pilzkontrollstellen den Konsum dieser Pilze nicht noch unterstützen sollten.
Drei-Tage-Rausch und Flashbacks
Auch die Gift-Informationsstelle Toxinfo Suisse rät vom Verzehr der Zauberpilze ab. Oberärztin Cornelia Reichert warnt, dass die Substanz Psilocybin nicht nur euphorisch wirkt und Halluzinationen auslöst: «Konsumenten können stattdessen auch Angstzustände bekommen – sogenannte Horrortrips.»
Einen drei Tage andauernden Rausch? Was in der Zwischenüberschrift noch nach einer sonderlichen Schrecklichkeit klingt, entpuppt sich schon drei Zeilen weiter als pure Übertreibung. Auf einmal berichten nur noch manche Konsumenten, dass sie gewisse Nachwirkungen auch nach 3 Tagen noch spüren. Einerseits ist das sehr untypisch für Psilocybin Pilze, andererseits gibt es selbst bei einem Alkoholrausch stets einen Kater am nächsten Tag. Sagt man aber deswegen gleich, Alkohol verursache einen tagelangen Rausch? Eben! Nichts als Hetze und Angstmache gegenüber den entheogenen Magic Mushrooms.
Interessant aber ist die Online-Umfrage dazu. Bisher nahmen 3177 Teilnehmer daran teil und das Ergebnis überrascht in positiver Hinsicht:
UMFRAGE – Haben Sie schon Erfahrungen mit Drogenpilzen gemacht?
- 28 %
- 26 %
- 4 %
- 35 %
- 7 %
(Insgesamt 3177 Teilnehmer)
28% der üblichen Mainstreamgläubigen stehen ganzen 61% aufgeschlossenen Menschen gegenüber! Es gibt also doch noch Hoffnung für die Menschheit 😉 Außerdem decken sich die 4% negative Resonanz mit eigener Erfahrung: bei fast jedem Menschen wirken Zauberpilze spirituelle Wunder, eine Verbindung zur höheren Göttlichkeit wird aufgebaut. Dementsprechend existieren nur sehr wenig Menschen, die eine Pilzerfahrung als ausschließlich negativ erlebt haben. Und bei denen mangelte es sehr wahrscheinlich am richtigen Set und Setting.
Kaum bessere Berichterstattung zum Spitzkegeligen Kahlkopf beim SWR
Man könnte auch anders als Journalist berichten. Nämlich (halbwegs) ehrlich und (recht) ausgewogen. Zumindest im Vergleich zur üblichen Zauberpilz Hetze. Der Artikel vom SWR mit dem Titel "'Trip ins Innerste kann in Abgründe führen’" ätzt zwar auch recht negativ, hat aber wenigstens ein paar gute Worte über – bevor auch er vor Falschheit nur so strotzt:
Nicht viele sprechen offen über ihre Erfahrungen mit psychoaktiven Pilzen. Die meisten nur, wenn das Mikrofon aus ist. Aber was sie erzählen klingt immer wieder ähnlich: von Demut ist da die Rede, von Göttlichkeit, vom Erwachen in einer anderen Dimension.
[…]
Obwohl das Suchtrisiko gering sei, die Wirkstoffe unbedenklicher als bei Cannabis, liege gerade da die Gefahr, sagt Auwärter. Denn die Fähigkeit sich selbst, aber auch die Dosis einzuschätzen, gehe vor allem Jugendlichen oft ab. Was im Zweifelsfall auch dazu führen könne, dass jemand unter dieser Wirkung in Panik gerät und in ein Auto renne.
Ein Grund, warum nicht nur der Verzehr, sondern auch schon das Ernten der Pilze bei uns verboten sind. Denn der Trip ins Innerste, er kann in Abgründe führen. Und die Bilder, die davon bleiben, können lange nachwirken. "Man sollte das nicht in einer Zeit machen, wo man in einer Konfliktsituation mit sich selber ist. Das ist auch manchmal keine schöne Antwort, die man da bekommt. Gerade in Bezug auf sich selber."
Die Begründung ist natürlich argumentationsarm: Weil angeblich manchmal Jugendliche auf einem Magic Mushroom Trip ins Auto rennen, sind sie verboten? Wie viele Jugendliche fahren sich mit dem Auto im Alkoholrausch zu Tode? Typisch inhaltsleere Argumente von prinzipiellen Gegnern illegaler Drogen, die völlig unfähig zur Differenzierung sind. Bei einer Messung auf einer Schädlichkeitsskala belegen die halluzinogenen Drogen LSD und Pilze den letzten (!) Platz. Sieger ist die legale hochtoxische Droge Alkohol:
Polizei beschlagnahmt einen (!) Zauberpilz vom Typ Psilocybe semilanceata
Abschließend noch eine fast lächerliche Zeitungsmeldung:
Während einer Fußstreife haben zwei Polizeibeamte am frühen Donnerstagabend (14.07.16) gegen 18.20 Uhr in der Karl-Grüneklee-Straße in Weende bei einem 29 Jahre alten Mann aus Göttingen nach ersten Ermittlungen einen "spitzkegeligen Kahlkopf" beschlagnahmt.
Einen einzigen verdammten Pilz haben sie beschlagnahmt! Na dann ist die Welt ja gerettet.
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