Seit Thailand im Juni 2022 als erstes asiatisches Land Cannabis entkriminalisierte, hat sich die Debatte um die Regulierung von Cannabis in der Region drastisch verschärft. Ursprünglich war der Schritt ein Meilenstein, sowohl für die medizinische Nutzung als auch für die Entkriminalisierung des privaten Konsums. Doch in den letzten Monaten ist die Politik des Landes in Bezug auf Cannabis zunehmend zu einem umstrittenen Thema geworden. Dieser Artikel beleuchtet den aktuellen Stand der Legalisierung von Cannabis in Thailand und gibt einen Überblick über die damit verbundenen politischen und sozialen Herausforderungen.
Der Beginn der Entkriminalisierung: Ein Meilenstein für Asien
Im Juni 2022 wurde Cannabis von der Liste der verbotenen Substanzen in Thailand gestrichen, was einen Ansturm auf den Cannabismarkt auslöste. Die liberale Gesetzgebung führte dazu, dass in einigen Städten die Anzahl der Cannabisausgabestellen die der Lebensmittelläden überstieg. Viele sahen in dieser Legalisierung eine Chance für wirtschaftliches Wachstum, insbesondere im Tourismus- und Gesundheitssektor.
Doch die rasche Expansion des Marktes brachte auch negative Auswirkungen mit sich. Ohne ausreichende Regulierung entstand ein regelrechter “Wilde Westen” des Cannabiskonsums, der Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit auslöste. Diese Unordnung führte dazu, dass die thailändische Regierung zunehmend unter Druck geriet, strengere Gesetze zu erlassen.
Politische Wende: Cannabis als zentrales Thema der Regierungskoalition
Im Jahr 2023, während des Wahlkampfes, stand das Thema Cannabis erneut im Mittelpunkt. Die Pheu-Thai-Partei (PT) unter Führung von Srettha Thavisin kündigte an, die Entkriminalisierung von Cannabis teilweise rückgängig zu machen. Diese Initiative wurde als Reaktion auf die weit verbreitete Kritik am unregulierten Cannabismarkt gestartet, der zunehmend als Problem für die öffentliche Ordnung betrachtet wurde.
Die PT forderte die Rückkehr von Cannabis auf die Liste der verbotenen Substanzen (Schedule 5), insbesondere für Produkte mit einem THC-Gehalt von mehr als 0,2 %. Dies hätte den Handel, Besitz und Konsum von Cannabis wieder kriminalisiert und Strafen von bis zu fünf Jahren Haft und Geldstrafen von bis zu 14.000 US-Dollar nach sich gezogen. Die geplante Rücknahme der Legalisierung erhielt breite Unterstützung in der Bevölkerung, was durch eine öffentliche Anhörung im Juni 2024 deutlich wurde.
Gegenwind von Bhumjaithai: Verteidigung der Entkriminalisierung
Jedoch war die politische Szene gespalten. Die Bhumjaithai-Partei (BJT), die maßgeblich an der Entkriminalisierung von 2022 beteiligt war, stellte sich vehement gegen die Wiederkriminalisierung. Anutin Charnvirakul, der Parteivorsitzende und stellvertretende Premierminister, verteidigte den liberalen Kurs der Cannabispolitik und argumentierte, dass die Vorteile von Cannabis – insbesondere im medizinischen und wirtschaftlichen Bereich – den negativen Aspekten überwogen.
Im Juli 2024 gab Charnvirakul bekannt, dass die Regierung unter Srettha bereit sei, an einem Gesetz zu arbeiten, das den Cannabismarkt reguliert, anstatt ihn vollständig zu verbieten. Diese Ankündigung markierte einen Wendepunkt in der Debatte um die Zukunft der Cannabisgesetze in Thailand.
Die aktuelle Gesetzgebung: Regulierung statt Verbot
Nach einer turbulenten politischen Phase und der Absetzung von Premierminister Srettha Thavisin im September 2024 übernahm Paetongtarn Shinawatra das Amt des Premierministers. Eines der ersten Themen auf der Agenda ihrer Regierung war die Regulierung des Cannabismarktes.
Am 24. September 2024 veröffentlichte das Gesundheitsministerium einen neuen Gesetzesentwurf zur Regulierung von Cannabis. Dieser Entwurf zielt darauf ab, die unkontrollierte Ausbreitung des Cannabismarktes einzudämmen und gleichzeitig die medizinischen und wirtschaftlichen Vorteile von Cannabis zu fördern. Zu den wichtigsten Punkten des Entwurfs gehören:
- Einrichtung eines Cannabis-Kontrollrats (CCB): Diese Behörde soll die Cannabisindustrie regulieren und die THC-Grenzwerte für verschiedene Produkte festlegen.
- Lizenzierungssystem: Jede Person oder jedes Unternehmen, das Cannabis anbauen, verkaufen oder verarbeiten möchte, muss eine Lizenz beantragen und strenge Sicherheits- und Aufzeichnungsanforderungen erfüllen.
- Beschränkungen für den Freizeitkonsum: Der Konsum von Cannabis bleibt zwar legal, wird jedoch stark eingeschränkt. Der Konsum in öffentlichen Bereichen wie Tempeln, Schulen, Parks und Vergnügungsparks wird verboten. Der Konsum zu Hause bleibt jedoch erlaubt.
- Verkaufsverbote: Der Verkauf von Cannabis an Personen unter 20 Jahren sowie an schwangere Frauen wird verboten. Verkäufer benötigen spezielle Lizenzen und müssen sich an strikte Vorschriften halten, um hohe Geldstrafen zu vermeiden.
- Medizinische Nutzung: Cannabis bleibt für medizinische Zwecke zugelassen, jedoch nur unter Aufsicht von lizenzierten Fachleuten, einschließlich Praktikern der modernen und traditionellen Medizin.
Ausblick: Was bedeutet das für die Zukunft?
Die neuen Regelungen markieren einen entscheidenden Schritt in Richtung einer kontrollierten Legalisierung von Cannabis in Thailand. Anstatt Cannabis vollständig zu verbieten, strebt die Regierung nun eine Balance zwischen den wirtschaftlichen Vorteilen und den Bedenken der Öffentlichkeit an. Die Einführung des Lizenzierungssystems und die strengeren Auflagen für den Konsum könnten dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der Legalisierung zu minimieren.
Obwohl die öffentliche Meinung in Thailand gespalten bleibt, scheint die Richtung klar: Cannabis wird weiterhin Teil des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens des Landes sein, jedoch unter strenger staatlicher Kontrolle. Die endgültige Form des Gesetzes wird jedoch erst nach Ablauf der öffentlichen Kommentierungsphase Ende September 2024 bekannt sein.
Thailand steht damit am Scheideweg zwischen einer progressiven Cannabispolitik und der Bewältigung der Herausforderungen, die mit einer plötzlichen und unregulierten Legalisierung einhergehen. Die kommenden Monate werden zeigen, wie erfolgreich die thailändische Regierung darin ist, diese Balance zu finden.